Stoffspielerei Sashiko: Experimente auf Viskose-Twill

Die kleinen Stiche der Stoffspielerei im März 2023 Sashiko wurden hier zu einem Muster- und Garn-Experiment auf Viskose-Twill. Die Stoffwahl mag verwundern, denn Viskose ist ein recht flatterhaftes Material. Doch im Moment sammle ich verschiedene Ideen, wie ich eine größere Stofffläche bemustern kann, die später ein Kleid werden kann. Bisher habe ich meine Stoffe dafür mit Schablonen bedruckt – nun überlege ich, welche anderen, rein textilen Möglichkeiten mir wohl gefallen würden. Sashiko könnte dazu zählen :-)

Für eine erste Annäherung an mein Vorhaben stickte ich das Wellenmuster, welches ich vergangenes Jahr zum Stoffspielerei-Thema Linie auf Baumwoll-Canvas gearbeitet habe, sowie ein Hitomezashi-Sashiko mit weißem Sashikogarn auf einen Tencel-Twill.

Aber es ist nicht ideal – was Stoffkennerinnen bestimmt auch schon vermutet haben – der Tencel-Twill wellt sich stark mit dem Muster, zieht sich mit der Stickerei zusammen und es war recht schwierig, die Linien gerade zu sticken. Eigentlich braucht es für Sashiko mehr Stabilität im Stoff, als ein Tencel- oder auch Viskosegewebe von sich aus mitbringt. Das war also die eine Herausforderung, die ich meistern müsste.

Nach vielen Überlegungen zur Stabilisierung, die ich im Einzelnen gar nicht mehr wiedergeben kann, entschied ich mich, die Rückseite des Viskose-Twills mit Solufix zu bekleben und später auszuwaschen.

Als Stick-Werkzeug habe ich keine Sashiko-Nadel verwendet. Die Sashikonadeln in meinem Besitz waren zu dick (0,84mm) für die Viskose-Stickvlies-Kombination und ließen sich nur extrem schwer durch den Stoff ziehen. Ich habe mit einer Weißstickerei-Sticknadel aus dem Prym-Stick- und Perlnadelsortiment gestickt (auf dem Foto rechts neben den Sashiko-Nadeln) und war ganz zufrieden damit, auch wenn sich die Sticknadel etwas verbogen hat …

Die andere Herausforderung meines Experiments war das zu wählende Muster. Typische Sashikomuster sieht man meist ganzflächig gearbeitet. Das passt jedoch nicht für mein größeres Vorhaben. Ich wollte mehr ein Einzelmotiv, das ich dann mehrfach platziere.

Auf Pinterest sah ich mit kleinen Stichen in Linien gestickte Blätter – das war eine Idee, die mich inspirierte. Die Umrisse der Blätter zeichnete ich mit weißem Buntstift auf die Vorderseite des Stoffes und stickte die kleinen Stiche und die inneren Linien dann nach Augenmaß. Die Verdichtung der Stiche am Blattende ist nicht die traditionelle Stickweise, aber mir gefällt der Effekt. Gestickt habe ich mit dünnem Sashiko-Garn in mittelblau – der japanische Name der Farbe lautet wohl „ruri“.

In den Weiten von Instagram entdeckte ich dann eine Variante, die die kleine Stichen des Hitomezashi-Sashiko zu einem Motiv kombinierte. Mit dieser Inspiration nahm ich mir ein Blatt kariertes Papier und strichelte los. Mein Motiv kopierte ich mit etwas älterem Burda-Kopierpapier auf das Solufix und klebte es dieses Mal auf die Stoffvorderseite.

Zugegeben – hier auf dem Foto sieht man fast nichts von den Strichen. In der Realität war es besser zu sehen. Aber es machte mir irgendwie keine Freude, auf dem Stickvlies zu sticken – ich konnte die farbliche Wirkung der Stiche auf dem Stoff nicht einschätzen, da fehlte mir einfach der tatsächliche Stoffhintergrund. Und zu warten, bis ich alles gestickt hätte, dafür bin ich zu ungeduldig.

Nachdem ich alle Stickfäden herausgezogen hatte ließ sich zum Glück das Solufix unproblematisch vom Stoff entfernen. Ich klebte das Vlies wie bei der ersten Variante auf Stoffrückseite und übertrug das Muster mit dem Kopierpapier direkt auf die Stoffvorderseite.

Zuerst habe ich die langen Linien durchgehend gestickt. Danach waren leider alle anderen aufgezeichneten kleinen Striche verschwunden.

In bester Kreuzstich-Zählmanier habe ich die zu stickenden Quer- und Schrägstriche dann halt ausgezählt und entsprechend so die Fäden „durchgezogen“. Gestickt habe ich dieses Motiv ebenfalls mit dem dünnen Sashiko-Garn in mittelblau. Obwohl das Foto einige Wellen im Stoff zeigt, fand ich die Stickerei mit dem Solufix schön glatt. Auch nach dem Auswaschen haben sich die Fäden nicht verzogen und boten ein angenehmes Stickbild ohne Glattbügeln.

Anfangs war ich etwas skeptisch, ob mir Hitomezashi-Sashiko gefällt, denn ich wollte beim Sticken nicht zu stark von den definierten, aufgezeichneten Stichlängen abhängig sein. Aber irgendwie hatte ich doch genügend Stichfreiheit bei gleichzeitig gutem Ergebnis, so dass ich positiv überrascht war.

Begeistert stickte ich weiter. Perlgarn in Stärke 5 war leider zu dick für den Viskose-Twill und meine Nadel. Sticktwist kam als nächstes – einmal mit helllila – mittelblau-türkisem Farbverlauf und einmal in kornblumenblau, jeweils 3-fädig gestickt.

Die Varianten mit Sticktwist gefallen mir farblich gut. Auch in der ausgewaschenen Stoffprobe blieb das Stickbild angenehm. Da werde ich weiter dranbleiben. :-)

Großes Dankeschön an Ute vom Blog 1-2-3-Nadelei für die Anregung des Themas Sashiko für die Stoffspielerei im März 2023. Es hat gut in meine derzeitigen Überlegungen gepasst! Nun bin ich neugierig, über welche Erfahrungen die anderen Stoffspielerinnen in ihren Beiträgen berichten, die alle hier gesammelt werden.

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Die Themen dieses Jahres sind:

30.04.2023: „Transparenz“ bei Feuerwerk by KAZE
28.05.2023: „Stopfen“ bei Petersilie und Co.
25.06.2023: „Modedesigner und Epochen“ bei Tyche
24.09.2023: „Handgenäht“ bei Siebensachen zum Selbermachen
29.10.2023: „Mosaik/Bruchstücke“ bei zwisch-en-durch
26.11.2023: „Schneeflocken“ hier auf Stoffnotizen :-)

Eine Übersicht aller bisherigen Stoffspielereien findest Du auf stoffspielereien.net

15 Kommentare zu „Stoffspielerei Sashiko: Experimente auf Viskose-Twill

  1. Ein spannender experimenteller Einstieg mit schönem Ergebnis am Ende. Da hast Du gut durch manövriert und es hat sich gelohnt, dass Du dran geblieben bist. Deine freien Formen der Zählrastermuster gefallen mir sehr gut.
    Sicher ist Sashiko-Verschönerung zweckmäßiger für Kleidungsstücke/Textilien zu nutzen, die etwas fester sind. Aber es gibt auch schöne Beispiele von Verzierungen an Oberteilen bei Flächen, die nicht wellig fallen (Passen, Kragen, Manschetten).
    LG Ute

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    1. Dankeschön! Es gibt so viele Möglichkeiten und manchmal muss man einfach ausprobieren, ob es funktioniert, was man sich ausgedacht hat, ob man es anpassen kann oder ob man halt falsch lag. Liebe Grüße!

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      1. *Von Deinen Stickproben bin ich ganz begeistert, die Geduld, verschiedenes Material und die Muster auszuprobieren und uns zu zeigen, ganz bewundernswert. Die Blattmotive gefalle mir besonders gut und ich bin sehr neugierig auf Dein Projekt, ein Kleidungsstück damit zu gestalten – ich habe ja ähnliches vor. Ausserdem bin ich überrascht von der Wirkung des geflammten Stickgarnes bei dieser Technik, das sieht sehr lebendig aus. Wunderschön, liebe Grüße von Tyche

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  2. Ich habe mir auch schon überlegt, wie die Sashiko-Muster wohl auf Bekleidungsstoffen abseits von Baumwolle und Leinen wirken. Sehr schön, dass du in der Hinsicht bereits experimentiert hast und das ganze nun mit uns teilst. Die kleinteiligen Muster wären mir zu viel für Viskose, aber gerade für Kleider eine Bogenstickerei am Saum kann ich mir sehr gut vorstellen.
    LG heike

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    1. Dankeschön! Mittlerweile gibt es ja eine Reihe von Hilfsmittel, Stoffe in ihren Eigenschaften günstig zu beeinflussen und wenn es nicht das Solufix gegeben hätte, hatte ich überlegt, vielleicht einen leichten, Baumwollstoff unterzulegen. Jetzt nach all den Berichten und Ausprobieren scheint mir das gar nicht mehr so abwegig wie noch vor ein paar Wochen. In einem Buchtitel, den Elvira heute bei ihrer Stoffspielerei zeigt, war der Begriff Quilting erwähnt, vielleicht muss man bei Sashiko auch mehr in dieser Richtung denken. Liebe Grüße!

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  3. Ich teile deine Erfahrung mit der Kombination dehnbare Stoffe und Sashiko. Auf Kleidungsstücken sind die klassischen japanischen Muster bestimmt ein Hingucker. Ich bin gespannt, wie es damit weitergeht. Deine Kreuzinterpretationen finde ich cool, da muss man erstmal drauf kommen! Aber dafür haben wir ja diese Sonntage. Sehr schön. Liebe Grüße, Elvira

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    1. Dankeschön! Ja es war schon eine recht schöne Sache, auf Kästchenpapier ein bisschen malend zu spielend und am Ende ein recht ansprechendes Sashikomuster zu zaubern :-) Liebe Grüße!

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  4. Die Blattvarianten find ich sehr schön und kann es mir großglächig gut vorstellen. und auf bestimmten Teilen von bekleidung sehr passend. Hoffentlich probierst du das aus!
    Garn und Stoff passen perfekt.
    VG Karen

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    1. Dankeschön! Eigentlich hatte ich die kleinen Sashiko-Muster priorisiert – aber irgendwie und irgendwas hemmt mich loszulegen. Vielleicht nehme cih doch zuerst das Blättermuster. Es wird jedoch nicht so einfach auf dem Stoff zu markieren sein. Liebe Grüße!

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  5. Das ist ja klasse, wie du deine ERfahrungen dokumentierst – ein großes Danke.
    Dass du nicht gern auf dem oben aufliegenden Vlies sticken wolltest, kann ich voll und ganz nachvollziehen.
    Mir gefällt sowohl dein Blattmotiv als auch das andere Muster mit Strichen und Kreuzen. Bin gespannt, wie dein Kleidungsstück aussehen wird.
    LG, Beate

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  6. Schön, wie du deine Vorgehensweise und die unterschiedlichen Ergebnisse präsentierst. Ich bin gespannt auf das Kleidungsstück.
    Ich denke auch, dass Sashiko oft wie Quilting ist, und wenn Stoffstücke aufgelegt und mit dem Untergrund durch Stiche verbunden werden, fühlt sich das beim Sticken gleich ganz anders an (besser!).

    Liebe Grüße!
    Clara

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    1. Dankeschön! Ich hatte auch überlegt, anstelle des Stickvlieses Stoffstücke unterzulegen – nur müssten diese auch irgendwie zumindest temporär befestigt werden und würden später die zwar nur geringe aber schon vorhandene Elastizität des Stoffes und den Faltenwurf beeinflussen und vielleicht zeichnen sie sich auch ab. Aber für eine andere Sashiko-Anwendung eine gute Idee. Liebe Grüße!

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  7. Liebe Kerstin, bezüglich des Zusammenziehens des Stoffes habe ich in einem Video gesehen, dass der Stoff nach jedem Durchziehen der Nadel extra geglättet und fast ein bisschen gedehnt wird, sodass die einzelnen Stiche im Grunde recht lose sind und „herauspoppen wie Reiskörner“. (Für diesen Arbeitsschritt gibt es sogar einen eigenen japanischen Begriff.) Das war für mich ungewohnt zu sticken, weil ich normalerweise beim Nähen oder Sticken das Garn recht straff anziehe, aber hier extra dehnte. Vielleicht könnte dieses „Glätten“ des Stoffes auch bei deinem Viskosetwill helfen?
    Spannend finde ich, dass sich deine Sticknadel tatsächlich etwas verbogen hat! Das spricht tatsächlich für eine Verwendung der extrem un-biegsamen Sashiko-Nadeln. Das hübsche Muster erinnert mich ein bisschen an Schneeflocken. Mehr oder weniger großflächig auf Kleidung kann ich mir dieses oder ein anderes Muster (die Blätter!) toll vorstellen. Ich freue mich auf weitere Werkstücke bei dir! Liebe Grüße, Gabi

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  8. Dankeschön und danke für Deine Überlegung zur „Fadenspannung“. Das ist auf jeden Fall eine gute Idee. Hier beim Viskosetwill ohne Vlies fand ich bei Sticken zusätzlich schwierig, dass der Stoff so „beweglich“ ist. Die Blätter hatte ich eigentlich für „später“ abgespeichert, aber da auch Du diese extra erwähnst und irgendie die Umsetzung mit dem Hitomezashi-Sashiko noch immer nicht begonnen hat … vielleicht muss ich umdisponieren ;-) Liebe Grüße!

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Ich bin neugierig auf Deinen Kommentar :-) Bitte hab Verständnis, dass ich Kommentare zuerst lese und dann freischalte. Danke!

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